„Zwei Menschen in einem Raum können nicht mehr Spaß haben.“

Weil mein Drang zum Nachdenken nur von meiner Mitteilsamkeit unterbrochen wird, gab ich dem (bei allem Respekt) Nerdmagazin „Radiokurier“ ein Interview für die aktuelle Ausgabe. Auszüge:


 

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Tobias Häusler (34) ist der derzeit jüngste Moderator im Team von WDR 2. Der Fernseh- und Radiomoderator startete seine Karriere bei den Privaten. Mitarbeiter Hendrik Leuker besuchte ihn im WDR Funkhaus in Köln und bat den Wanderer zwischen den medialen Welten zu einem Interview.

Radio-Kurier: Sie sind „ein Kind des Privatradios“ (in verschiedenen Positionen), welche Eigenschaften sollte ein Redakteur, Moderator und Ausbildungsleiter mitbringen?

Tobias Häusler: Das sind drei ganz verschiedene Tätigkeiten. Wenn Sie mich dazu zwingen, würde ich eine wünschenswerte Basis für all diese Funktionen erkennen. Und die besteht sicherlich mehr aus Zuhören als aus Reden, sie besteht aus Kreativität, Persönlichkeit und einer Liebe zu den Menschen, für die ich das mache. Liebe klingt so pathetisch, aber ich höre es sofort, wenn Medienmacher ihr eigenes Publikum nicht mögen. Gar nicht mal so selten übrigens.

Radio-Kurier: Im März 2013 wechselten Sie zum WDR. Welche Sendung(en) moderieren Sie bei WDR 2 und welche im WDR Fernsehen?

Tobias Häusler: Bei WDR 2 moderiere ich im zweiwöchentlichen Wechsel mit Thomas Bug ein Talkformat am Samstagabend (19-22 Uhr). Die Sendung heißt „Zu Gast bei Tobias Häusler“ und lädt Prominente ein, zwei Stunden lang ihre Musik zu spielen und darüber zu sprechen. Im WDR Fernsehen moderiere ich die werktäglichen Tagesausgaben des Nachrichtenmagazins „WDR aktuell“. Bevor Sie es sagen: Es stimmt, die Mischung ist sehr ungewöhnlich. Aber sie passt perfekt zu mir. Ein buntes Mosaik aus Nachrichten, Musik, Interviews, Radio und Fernsehen. Ein großes Glück.

Radio-Kurier: Wie bereiten Sie sich auf „Zu Gast bei Tobias Häusler“ auf WDR 2 vor?

Tobias Häusler: Der jeweilige prominente Gast schickt uns eine Liste mit 20-30 Songs, die er mit seinem Leben verbindet. Unser zuständiger Musikredakteur Jochen Bauer macht aus dieser Liste eine zweistündige Sendung, knüpft also einen roten Faden. Am Freitagabend nach meinen Fernsehsendungen mache ich mich an die konkrete Vorbereitung auf die Sendung am nächsten Abend. Manchmal hat der Gast schon Anmerkungen zu den Songs geschickt, z.B. wird ein Song verknüpft mit einer bestimmten Kindheitserinnerung oder er war auf der ersten Platte enthalten usw. Oft haben die Emotionen eines Gastes einen direkten Musikbezug. Ich komme über die Musik oft näher an Gäste ran als in klassischen Talkshows.

Radio-Kurier: Welche Gäste konnten Sie schon in Ihrer Sendung begrüßen?

Tobias Häusler: Gäste aus allen Bereichen: Politik, Sport, Show, Musik, Literatur und viele mehr. Wichtiger als die Prominenz ist die Liebe zur Musik. Und doch sage ich voller Stolz: Die größten Namen kommen. Moderatoren wie Barbara Schöneberger und Hape Kerkeling, Sportler wie Zehnkämpfer Frank Busemann, WDR-Kollegen wie Domian (Mitternachtstalk auf 1Live) oder Ranga Yogeshwar (Wissenschaftsshows im WDR Fernsehen und in der ARD), Musiker wie Judith Holofernes oder Wolfgang Niedecken, Autoren wie Sven Regener oder Hera Lind und viele mehr. Ein unvergesslicher Abend bleibt der mit dem sonst recht schüchternen Udo Lindenberg.

Zwei Menschen können nicht mehr Spaß haben.

Radio-Kurier: Worum geht es in der Sendung?

Tobias Häusler: Ich spiele am Samstagabend von 20 bis 22 Uhr – die erste Stunde meiner Sendung ist der Fußball-Bundesliga vorbehalten – ausschließlich die Musikwünsche meiner Gäste, und wir schwelgen in Erinnerungen. Das klingt einfach, ist aber wirklich mutig. Das geht ja von True Metall von Manowar für Schwimmer Mark Warnecke bis zu Beethoven für Sendung-mit-der-Maus-Erfinder Armin Maiwald, meinem ersten Gast in dieser Sendung. Schönen Gruß an die Sender, die mit „echter Abwechslung“ werben. Wir reden nicht drüber, wir ziehen das durch.

Radio-Kurier: Haben Sie an der Sendung Freude?

Tobias Häusler: Zwei Menschen in einem Raum können nicht mehr Spaß haben.

Radio-Kurier: Warum duzen Sie Ihre Gäste?

 Tobias Häusler: Weil Sie es mir bisher ohne Ausnahme angeboten haben. Selbst dann bleibe ich manchmal während der Sendung beim „Sie“. Mal aus Respekt, manchmal auch, weil durch das „Sie“ eine ganz spezielle Atmosphäre entsteht.

Radio-Kurier: Sind Sie mit der Musikauswahl Ihrer Gäste zufrieden?

Tobias Häusler: Mein Geschmack ist sensationell irrelevant. Sobald meine Gäste zu den Songs eine Geschichte oder auch nur ein Gefühl haben, ist der Titel bei mir richtig. Schwierig wird es, wenn jemand Musik gar nicht mit dem Herzen hört. Das sind seltene Härtefälle für meinen Freund und WDR 2-Redakteur Jochen Bauer. Dann retten mich seine magischen Fähigkeiten.

Ich spiele alles, solange es nicht strafrechtlich relevant ist. Alles!

Radio-Kurier: Müssen diese in das Musikformat von WDR 2 passen?

Tobias Häusler: Nein. Sie müssen zu nichts anderem passen als zum Leben des Gastes. Ich spiele alles, solange es nicht strafrechtlich relevant ist. Alles! Wer das nicht glaubt, dem empfehle ich mal den Podcast auf wdr2.de.

Radio-Kurier: Sie wechselten vom Privatradio zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ein großer Unterschied für Ihre Arbeit?

Tobias Häusler: Eine sehr spannende Frage. Und: Ja, in vielerlei Hinsicht. Ein Beispiel: Anfangs dachte ich, im Fernsehen und im Radio wie ein WDR-Moderator wirken zu müssen – seriös, ernsthaft oder was immer ich dafür hielt. Das war natürlich Unsinn. Ich bekam die Frage gestellt, wo denn mein spezielles Profil geblieben sei, das bei den NRW-Lokalradios aus der Reihe fiel. Und da ging mir ein Licht auf: Natürlich war beim WDR schon immer der Inhalt der Star. Jetzt geht es aber im zweiten Schritt darum, diesen Inhalt mit einer angenehmen Art von Stolz und durch unverwechselbare Moderations-Persönlichkeiten zu vermitteln. Das wirkt nur auf denjenigen riskant oder mutig, der nicht erkennt, wie überlebenswichtig diese Idee wird: Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Zuschauer, Hörer und User bald selbständig Inhalte kombinieren – rein selektiv. Dann muss ich mit verpacktem Premium-Inhalt am Markt sein, den kein anderer hat. Und mit Köpfen, die kein anderer hat. „Gute Durchhörbarkeit“ (…) wird aber dann kein Kompliment mehr sein, wenn die lineare Nutzung endet. Wenn ich mich selbst nicht mehr im Auto berieseln lasse, sondern mir ein persönlicher Filter Inhalte nach meinem Geschmack zusammenstellt, dann werden wir merken, dass Bruno Mars und Pink überall laufen, aber die ARD etwas früher auf exklusive Köpfe und Inhalte gesetzt hat.

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Radio-Kurier: Machen Sie lieber Radio oder Fernsehen?

Tobias Häusler: Wie wunderbar, sich nicht entscheiden zu müssen! Die Kombination ist doch der Luxus. Dazu kommt der große Online-Bereich: Homepage, Facebook, mein Twitter-Account (die Red.: @tobiashaeusler). Umdenken müssen auch wir als kleine Unternehmer. Erst einmal, exklusiven Inhalt schaffen, dann verpacke ich den mit Leidenschaft für jeden Verbreitungsweg. Unser Intendant Tom Buhrow fördert das sehr.

Radio-Kurier: Nutzen Sie Angebote der Webradios? Hören Sie auch Mittel-und Kurzwelle?

Tobias Häusler: Mittelwelle höre ich nicht. Klassischer Radiohörer bin ich morgens vor jeder Fernsehsendung. Wenn Sie mit Webradios auch Livestreams meinen, dann klicke ich mich gern mal durch: Antenne Bayern, radio eins (rbb). Zum Entspannen habe ich im Web „Soulradio“ aus den Niederlanden für mich entdeckt. Und ich höre einige Podcasts.

Radio-Kurier: Sie haben 2003 den Axel-Springer-Preis gewonnen. Mit welchem Beitrag?

Tobias Häusler: Das war eine politische Glosse über Jürgen W. Möllemann und seinen damals überraschenden Rückzug von allen Spitzenämtern in der FDP. Mir ist der zeitliche Zusammenhang sehr wichtig. Beitrag und Auszeichnung liegen deutlich vor den dann folgenden, tragischen Ereignissen (Möllemanns Sprung mit einem Fallschirm in den Tod am 5. Juni 2003).

Vielleicht habe ich ausschließlich Hobbys – und manche davon werden sogar im Radio oder Fernsehen übertragen.

Radio-Kurier: Sie waren 2011 zum Deutschen Radiopreis nominiert. Mit welchem Beitrag?

Tobias Häusler: In einer einstündigen Interview-Sendung zum Album „Schiffsverkehr“ habe ich mit Herbert Grönemeyer gesprochen. Damit hatte ich für das Grimme-Institut eines der drei „Besten Interviews“ geführt. Eine große Ehre, ein schöner Abend in Hamburg.

Radio-Kurier: Was sind Ihre Hobbys?

Tobias Häusler: Vielleicht habe ich ausschließlich Hobbys. Ich spiele Klavier, rede mit Menschen über Musik, gehe joggen, liebe das Nachrichtengeschäft – all das sind meine Hobbys – und manche davon werden sogar im Radio oder Fernsehen übertragen.

Radio-Kurier: Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Hendrik Leuker. Hier ist es komplett.

Radio-Kurier – weltweit hören ® 8/2014